Mobbing - ein Begriff wird entzaubert
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Beratungsstelle "Balance" bemüht sich um zielgerichtete Konfliktlösungen am Arbeitsplatz

Lothar Drat, Gründer des Gemeinnützigen VPSM e.V. in Wiesbaden und seiner Beratungsstelle "Balance" berät Menschen, die Konflikte am Arbeitsplatz quälen.
Mobbing sei das aber nicht immer, erklärt Drat: "Der Begriff muss entzaubert werden".
Foto: RMB / Friedrich Windolf

Vom 17.08.2006

Jeder sechste Suizid geschieht vor dem "Hintergrund Mobbing". 1,5 Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich als Mobbing-Opfer. In der Beratungsstelle "Balance" erarbeiten Psychologen und Pädagogen mit den Konfliktparteien Lösungen. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit mit Juristen und Medizinern.

Von

Myriam Vosseberg

Der Diplom-Sozialpädagoge Lothar Drat, Gründer und Geschäftsführer der Beratungsstelle, vergleicht seine Arbeit gerne mit der einer "externen Feuerwehr".

Man bemühe sich um eine schnelle und zielgerichtete Lösung der Konflikte. "Wenn es brennt, kommen wir von außen, arbeiten uns nur so weit ein, wie nötig ist, löschen und ziehen uns zurück." Damit unterscheide sich die Arbeit deutlich von der einer dauerhaften Psychotherapie oder Unternehmungsberatung.

Gegründet hat Lothar Drat die Beratungsstelle "Balance", deren Träger der "Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing e. V." (VPSM) ist, vor über zehn Jahren. Er war begeistert von den Forschungsergebnissen des Professors Heinz Leymann, der
als Betriebswirt, Arbeitsmediziner und Therapeut eine dreidimensionale Betrachtung des Themas Mobbing lieferte. Ebenso prägten ihn die ersten deutschsprachigen Forschungsergebnisse von Prof. Dieter Zapf und Klaus Niedl. In diesem Kontext entstand
die Grundidee eines Modellprojektes für den Umgang extremer Konflikte am Arbeitsplatz /und deren Lösungen -zunächst focussiert für die Region: Rhein-Main.

Drat gründete die Beratungsstelle mit der Idee in extremen Situationen einen Lösungsweg bieten zu wollen. In den ersten Jahren sei es außerdem notwendig gewesen, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, das Mobbing typische Krankheitsbilder hervorruft.

"Heute ist Mobbing ein Modebegriff, den man für alles und nichts verwenden kann", erklärt der Sozialpädagoge. Jetzt könne er bei 70 Prozent der Klienten feststellen, dass sie zwar ernsthafte Konflikte am Arbeitsplatz hätten, aber noch kein Mobbing vorliege. Konflikte seien wichtig, weil man sich an ihnen erproben und daran wachsen könne. Ein ernster Streit könne aber auch eine "tickende Zeitbombe" sein. Dann sei es wichtig, den Konflikt zu lösen, bevor er in Mobbing ausartet.

Im Kontext des Zusammenbruchs der damaligen GpSM / der Wünsche / Hoffnungen der Experten / Pioniere, der ersten Stunde, übernahm Herr Drat im Auftrag dieser Personen (Udo Möckel, Prof.Dr.Dr. Heinz Leymann, Dr.Peter Halama u.a.) die Verantwortung für die Qualitätssicherung einer niveauvollen Arbeitsplatzkonflikt- und Mobbingberatung. Bei der Umsetzung war ihm insbesondere auch Ute Cornelius, Stuttgart, sehr wichtig!

Wegen der erfolgreichen Arbeit der Beratungsstelle wurde vor vier Jahren der VPSM-Fachverbund gegründet, dessen Koordinator Drat ist. Die Beratungsstelle in Wiesbaden ist die Zentrale dieses freiwilligen Zusammenschlusses von Experten. Dort können Interessierte an Aus- und Weiterbildungsprogrammen teilnehmen, bei denen die Grundlagen der Arbeitsplatzkonflikt- und Mobbingberatung vermittelt werden.

Experten, wie Psychologen und Pädagogen, können nach einer zweijährigen Weiterbildung eine unabhängige ... Beratungsstelle in einer anderen Stadt gründen. Über den Fachverbund ist der Austausch zwischen den Beratungsstellen möglich. "Durch die Hochkonjunktur des Begriffs Mobbing, ist ein Markt entstanden, auf dem sich jeder Mobbingberater nennen darf", kritisiert Drat. Durch die Ausbildung solle klar werden, was eine professionelle Mobbingberatung ausmache, es würden Qualitätsstandards festgelegt und weiterentwickelt.

Der Definition nach ist Mobbing, im Gegensatz zu anderen Konflikten gegen eine bestimmte Person gerichtet, geht über einen längeren Zeitraum und verfolgt systematisch das Ziel jemanden "rauszuboxen", eine berufliche Existenz zu vernichten. "Der Begriff sollte nicht leichtfertig gebraucht werden, da der unberechtigte Vorwurf das perfideste Mobbing sein kann", warnt Drat.

Er Hintergrund ist froh, dass der größte Teil seiner Arbeit sich mit Arbeitsplatzkonflikten beschäftigt. "Wäre ich bei der Polizei, wollte ich mich auch nicht immer mit Leichen beschäftigen wollen."

Immer sei das Ziel aber ... eine Lösung zu finden mit der die Parteien leben können. Dazu sei ein Schlichter notwendig, dem beide Seiten vertrauen, oft werden auch Fachleute von außen zu Rate gezogen. "Dabei führt der Psychologe oder Pädagoge Regie, er hält die Fäden in der Hand und baut Brücken zwischen allen Beteiligten", erklärt Drat. Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Experten sei sehr hilfreich, weil jeder nur das machen müsse, was er am besten könne. Besonders wichtig sei es bei den Beratungen, dass keine Schuldzuweisungen gemacht würden. "Am Ende eines Beratungsprozess tut einem der vermeintliche Täter oft mehr leid als das Opfer." Es komme vor, dass nach der Beratung der vermeintliche Täter längerfristig Unterstützung brauche, zum Beispiel, weil er krankhaft eifersüchtig sei.

Die Beratungsstelle gibt auch Seminare, mit denen Mobbing vorgebeugt werden soll. "Viele Leute wollen in so etwas schlimmes gar nicht reinrutschen, sondern vorher
etwas tun, weiß der Geschäftsführer.

Zum Angebot von "Balance" gehört auch Wellness und Entspannung. So sollen Menschen lernen, ein gesundes Leben ohne und/oder trotz Mobbing zu führen. Für eine Beratung müssen die Klienten mindestens 50 Prozent der eigentlichen Kosten tragen, das sind 36 Euro. Ausnahmen, zum Beispiel Arbeitslose oder Geringverdiener, müssten nur 30 Prozent, also 22 Euro pro Beratungsstunde bezahlen. Das werde durch Spenden und ehrenamtliche Arbeit finanziert. Laut Drat, muss, um dem Problem Mobbing entgegenzuwirken, zuerst der Begriff entzaubert werden.

Opfer sollten nicht mehr nur sagen, dass sie gemobbt werden, sondern erklären, was genau mit ihnen passiert, damit nicht mehr jeder Fall von Mobbing über einen Kamm geschert werde. "Mobbing ist nicht immer gleich schlimm, deshalb gibt es kein Rezept dagegen, es muss in jedem Fall anders reagiert werden." Zu verhindern sei Mobbing am ehesten, indem die Gesellschaft langfristig plant, wo sie hin will. Werte, wie Respekt, Achtung, Zivilcourage und Solidarität, die Grundlage unseres Lebens seien, müssten diskutiert und neu verankert werden. Das sei eine Basis, auf der effektiv und ohne Mobbing gearbeitet werden könne. "Diesen Austausch wollen wir im Kleinen fördern, indem wir ihm auf unserer Internetseite Platz geben", so der Plan des Sozialpädagogen.

Hinweise dazu im Internet unter www.vpsm.de. Kontakt zur Beratungsstelle kann unter der Telefonnummer 9570381 aufgenommen werden.

Den Original - Artikel finden Sie hier

Beratungsstelle "Balance" bemüht sich um zielgerichtete Konfliktlösungen am Arbeitsplatz

Lothar Drat, Gründer des Gemeinnützigen VPSM e.V. in Wiesbaden und seinerBeratungsstelle "Balance" berät Menschen, die Konflikte am Arbeitsplatz quälen.
Mobbing sei das aber nicht immer, erklärt Drat: "Der Begriff muss entzaubert werden".
Foto: RMB / Friedrich Windolf

Vom 17.08.2006

Jeder sechste Suizid geschieht vor dem "Hintergrund Mobbing". 1,5 MillionenMenschen in Deutschland fühlen sich als Mobbing-Opfer. In der Beratungsstelle "Balance" erarbeiten Psychologen und Pädagogen mit den Konfliktparteien Lösungen. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit mit Juristen und Medizinern.  
Von

Myriam Vosseberg

Der Diplom-Sozialpädagoge Lothar Drat, Gründer und Geschäftsführer der Beratungsstelle, vergleicht seine Arbeit gerne mit der einer "externen Feuerwehr".

Man bemühe sich um eine schnelle und zielgerichtete Lösung der Konflikte. "Wenn es brennt, kommen wir von außen, arbeiten uns nur so weit ein, wie nötig ist, löschen und ziehen uns zurück." Damit unterscheide sich die Arbeit deutlich von der einer dauerhaften Psychotherapie oder Unternehmungsberatung.

Gegründet hat Lothar Drat die Beratungsstelle "Balance", deren Träger der "Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing e. V." (VPSM) ist, vor über zehn Jahren. Er war begeistert von den Forschungsergebnissen des Professors Heinz Leymann, der
als Betriebswirt, Arbeitsmediziner und Therapeut eine dreidimensionale Betrachtung des Themas Mobbing lieferte. Ebenso prägten ihn die ersten deutschsprachigen Forschungsergebnisse von Prof. Dieter Zapf und Klaus Niedl. In diesem Kontext entstand
die Grundidee eines Modellprojektes für den Umgang extremer Konflikte am Arbeitsplatz /und deren Lösungen -zunächst focussiert für die Region: Rhein-Main.

Drat gründete die Beratungsstelle mit der Idee in extremen Situationen einen Lösungsweg bieten zu wollen. In den ersten Jahren sei es außerdem notwendig gewesen, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, das Mobbing typische Krankheitsbilder hervorruft.

"Heute ist Mobbing ein Modebegriff, den man für alles und nichts verwenden kann", erklärt der Sozialpädagoge. Jetzt könne er bei 70 Prozent der Klienten feststellen, dass sie zwar ernsthafte Konflikte am Arbeitsplatz hätten, aber noch kein Mobbing vorliege. Konflikte seien wichtig, weil man sich an ihnen erproben und daran wachsen könne. Ein ernster Streit könne aber auch eine "tickende Zeitbombe" sein. Dann sei es wichtig, den Konflikt zu lösen, bevor er in Mobbing ausartet.

Im Kontext des Zusammenbruchs der damaligen GpSM / der Wünsche / Hoffnungen der Experten / Pioniere, der ersten Stunde, übernahm Herr Drat im Auftrag dieser Personen (Udo Möckel, Prof.Dr.Dr. Heinz Leymann, Dr.Peter Halama u.a.) die Verantwortung für die Qualitätssicherung einer niveauvollen Arbeitsplatzkonflikt- und Mobbingberatung. Bei der Umsetzung war ihm insbesondere auch Ute Cornelius, Stuttgart, sehr wichtig!

Wegen der erfolgreichen Arbeit der Beratungsstelle wurde vor vier Jahren der VPSM-Fachverbund gegründet, dessen Koordinator Drat ist. Die Beratungsstelle in Wiesbaden ist die Zentrale dieses freiwilligen Zusammenschlusses von Experten. Dort können Interessierte an Aus- und Weiterbildungsprogrammen teilnehmen, bei denen die Grundlagen der Arbeitsplatzkonflikt- und Mobbingberatung vermittelt werden.

Experten, wie Psychologen und Pädagogen, können nach einer zweijährigen Weiterbildung eine unabhängige ... Beratungsstelle in einer anderen Stadt gründen. Über den Fachverbund ist der Austausch zwischen den Beratungsstellen möglich. "Durch die Hochkonjunktur des Begriffs Mobbing, ist ein Markt entstanden, auf dem sich jeder Mobbingberater nennen darf", kritisiert Drat. Durch die Ausbildung solle klar werden, was eine professionelle Mobbingberatung ausmache, es würden Qualitätsstandards festgelegt und weiterentwickelt.

Der Definition nach ist Mobbing, im Gegensatz zu anderen Konflikten gegen eine bestimmte Person gerichtet, geht über einen längeren Zeitraum und verfolgt systematisch das Ziel jemanden "rauszuboxen", eine berufliche Existenz zu vernichten. "Der Begriff sollte nicht leichtfertig gebraucht werden, da der unberechtigte Vorwurf das perfideste Mobbing sein kann", warnt Drat.

Er Hintergrund ist froh, dass der größte Teil seiner Arbeit sich mit Arbeitsplatzkonflikten beschäftigt. "Wäre ich bei der Polizei, wollte ich mich auch nicht immer mit Leichen beschäftigen wollen."

Immer sei das Ziel aber ... eine Lösung zu finden mit der die Parteien leben können. Dazu sei ein Schlichter notwendig, dem beide Seiten vertrauen, oft werden auch Fachleute von außen zu Rate gezogen. "Dabei führt der Psychologe oder Pädagoge Regie, er hält die Fäden in der Hand und baut Brücken zwischen allen Beteiligten", erklärt Drat. Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Experten sei sehr hilfreich, weil jeder nur das machen müsse, was er am besten könne. Besonders wichtig sei es bei den Beratungen, dass keine Schuldzuweisungen gemacht würden. "Am Ende eines Beratungsprozess tut einem der vermeintliche Täter oft mehr leid als das Opfer." Es komme vor, dass nach der Beratung der vermeintliche Täter längerfristig Unterstützung brauche, zum Beispiel, weil er krankhaft eifersüchtig sei.

Die Beratungsstelle gibt auch Seminare, mit denen Mobbing vorgebeugt werden soll. "Viele Leute wollen in so etwas schlimmes gar nicht reinrutschen, sondern vorher 
etwas tun, weiß der Geschäftsführer.

Zum Angebot von "Balance" gehört auch Wellness und Entspannung. So sollen Menschen lernen, ein gesundes Leben ohne und/oder trotz Mobbing zu führen. Für eine Beratung müssen die Klienten mindestens 50 Prozent der eigentlichen Kosten tragen, das sind 36 Euro. Ausnahmen, zum Beispiel Arbeitslose oder Geringverdiener, müssten nur 30 Prozent, also 22 Euro pro Beratungsstunde bezahlen. Das werde durch Spenden und ehrenamtliche Arbeit finanziert. Laut Drat, muss, um dem Problem Mobbing entgegenzuwirken, zuerst der Begriff entzaubert werden.

Opfer sollten nicht mehr nur sagen, dass sie gemobbt werden, sondern erklären, was genau mit ihnen passiert, damit nicht mehr jeder Fall von Mobbing über einen Kamm geschert werde. "Mobbing ist nicht immer gleich schlimm, deshalb gibt es kein Rezept dagegen, es muss in jedem Fall anders reagiert werden." Zu verhindern sei Mobbing am ehesten, indem die Gesellschaft langfristig plant, wo sie hin will. Werte, wie Respekt, Achtung, Zivilcourage und Solidarität, die Grundlage unseres Lebens seien, müssten diskutiert und neu verankert werden. Das sei eine Basis, auf der effektiv und ohne Mobbing gearbeitet werden könne. "Diesen Austausch wollen wir im Kleinen fördern, indem wir ihm auf unserer Internetseite Platz geben", so der Plan des Sozialpädagogen.

Hinweise dazu im Internet unter www.vpsm.de. Kontakt zur Beratungsstelle kann unter der Telefonnummer 9570381 aufgenommen werden. 

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