Erste Klinik für Mobbing-Opfer

Üble Nachrede, Ausgrenzung im Job: Schon mehr als 1,5 Millionen Deutsche
leiden darunter. Jetzt zahlt die Kasse eine Therapie
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Von Stephanie Grix

Mobbing. Über 1,5 Millionen Menschen leiden darunter. 400 bis 600 im Jahr verzweifeln so sehr an den Schikanen, denen sie sich am Arbeitsplatz ausgesetzt fühlen, dass sie sich das Leben nehmen.

„Vor fünf Jahren dachte ich noch, die suchen alle nur einen Dummen, dem sie die Schuld für ihre eigene Unfähigkeit geben können“, erinnert sich Joseph Schwickerath (49), Leitender Psychologe der Klinik Berus. Doch die Zahl derer die ähnliche Erlebnisse und Beschwerden schilderten wurde immer größer.
„Da habe ich begriffen, dass wir das Phänomen ernst nehmen müssen.“
Inzwischen wurden 200 Mobbing-Opfer in Saarbrücken behandelt, die Kassen zahlen (auf dem Krankenschein steht etwa: „Reaktive Depression bei Arbeitsplatzkonflikten“) drei von vier Patienten können danach wieder arbeiten.

Heinz war Projektleiter in der Elektrobranche. Mit 58 wurde er seinem Unternehmen zu alt und zu teuer. Sie kappten ihm die Verantwortung, nahmen ihm den Dienstwagen weg. Monatelang kämpfte der Mann um sein Ansehen – ohne Erfolg. Daraufhin bekam er starke Depressionen, eine Gastritis, Herzprobleme. Die Psychologen fingen ihn auf: Wir haben gemeinsam eine Erfolgskuchen gemalt, der das Berufsleben des Patienten darstellt“, so Joseph Schwickerath. „Die Aufteilung zeigte deutlich, das 90 % seines Berufslebens ausgesprochen erfolgreich waren und nur die letzten 10 % einen Knacks hatten. Das gab ihm ein gutes Gefühl – und die Möglichkeit, über einen Rückzug ins Privatleben nachzudenken.“ Eine finanzielle Absicherung war da. Heinz fühlte sich wieder stark wie Napoleon. …

„Die Patienten lernen zunächst, Abstand zu gewinnen und hinter die Kulissen zu schauen“, erklärt Schwickerath. Sie müssen begreifen was schief gelaufen ist und was sie selbst falsch gemacht haben.: War ich zu blind? Zu ehrgeizig?

Denn jedes Mobbing-Opfer trägt eine Portion Eigenschuld. Jedes. Das zu erkennen ist Bestandteil der Therapie. (Einschub:Wenn dies richtig wiedergegeben / zitiert war- sollte es ernsthaft diskutiert und in Frage gestellt werden / es deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen un den Forschungsergebnissen) Es folgen Rollenspiele in der Gruppe: Einer, der sich schwer tut, Kontakt aufzunehmen, muss genau das tun. Jeder soll für sich eine Perspektive entwickeln. Immer mit dem Ziel, zurückzugehen in die Arbeitswelt.
Nicht zwingend in denselben Job, aber wieder was tun. …

Gerichtsurteile, die Hoffnung machen:

Gut zu wissen: Beim LAG Rheinland-Pfalz wurde einem Bankvorstand 7500 € Schmerzensgeld zugesprochen (AZ: 6 Sa 415/01) weil der Arbeitgeber die Schikanen durch Vorgesetzte nicht verhindert hat. „Systematischer Psycho-Terror“ – so urteilten die Richter beim LAG Thüringen: In einer Sparkasse wurde nicht nur die Menschenwürde eines Angestellten verletzt sondern „in einer Grenze zu strafbaren Körperverletzung berührenden Weise auch seine seelische und körperliche Gesundheit.“ Urteil: Androhung von 25000 € Ordnungsgeld bei weiterem Mobbing (AZ: 5 Sa 403/2000)

„Es gibt keinen 100 % Schutz gegen Mobbing“, weiß Lothar Drat (48), Geschäftsführer vom Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing e.V. (VPSM) in Wiesbaden. Nur ein paar Faustregeln:

1. Nicht jedem Konflikt Mobbing unterstellen – Lage sauber prüfen

2. Freunden, Familie die Situation nüchtern schildern, Rat einholen

3. Sich fragen: Was kann sich durch eigenes Verhalten ändern

4. Hilfe bei Kontaktstellen mit med. und jur. Kompetenzen suchen:

www.vpsm.de

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VPSM - Verein gegen psychosozialen Stress und Mobbing e.V.
Am Burgacker 70, 65207 Wiesbaden
0611 - 54 17 37
beratung@vpsm.de
Mo-Fr: 10.00 - 18.00

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